Nach der US-Wahl: Wird jetzt tatsächlich alles anders? Und ginge das auch in Austria?
Super, man!?
Gestern nach der Partysause war ich noch mit einigen Gästen in einer Bar in Park Slope. Obama victory in full swing. Die Anlage auf steil. 'Groove Is In The Heart' von Dee-Lite. Perfekt. Hupende Autos rollten vorbei. Draußen die Raucher. Sie rauchten glücklicher. Obama, Yobama, Change has come. Hundertfach in Mobiltelefone gesprochen über Straßenseiten gewechselt.
Gegen 2 Uhr zurück nach Clinton Hill. Trotz bleischwerem Equipment federnder Gang. Kaum noch Menschen unterwegs. Das Land mag vor einer neuen Ära stehen, die Menschen, so sie einen Job haben, müssen früh auf.
Was für eine Wahlnacht! Eine sehr, sehr lange Nacht.
Jetzt liege ich frisch wie eine nasse Zeitung im Bett.
Ein unglaubliches Datum heute. Der 5. November 2008.
Hat irgendjemand über election day hinaus gedacht? Was kommt jetzt? Was versprechen sich die Menschen von diesem Mann, dem künftigen US-Präsidenten?
Yes, it's true
Barack Obama wird sicher viele seiner WählerInnen enttäuschen. Man muss kein politischer Profi sein, um das zu erkennen. Lässt sich eine krisengebeutelte Supermacht überhaupt gerecht und friedlich regieren, im Inneren wie Äußeren ?
In seiner Rede hat der künftige Vorsitzende des Oval Office ja auch bereits allzu hochtrabende Erwartungen an die ersten Jahre seiner Präsidentschaft gedämpft, was aber eindeutig auf seiner Habenseite zu verbuchen ist. Obama ist einfach zu smart, um auf den eigenen Hype reinzufallen.
Ein Obama für Österreich?
Was der Ex-Kandidat aber bereits jetzt erreicht hat, ist erstaunlich und bewundernswert genug.
Die Mobilisierung der jungen Wähler, ein Achievement, das man ihm gar nicht hoch genug anrechnen kann. Dann die Erfüllung von Martin Luther Kings Traum, eine längst überfällige und doch so schwierige Aussöhnung mit der Geschichte dieses Landes.
Die Wiederbelebung des Selbstwertgefühls einer Nation. Zuletzt schämten sich viele US-AmerikanerInnen für ihr Land. Der Anti-Amerikanismus hat sich zu einem globalen common sense entwickelt. Jetzt haben die WählerInnen bewiesen, dass dieses No Country For Old Men tatsächlich zur Erneuerung fähig ist - zumindest will man es versuchen, über die Parteigrenzen hinweg, denn nur mit der liberalen Reichshälfte war diese Wahl nicht zu gewinnen.
Dass der Patriotismus der alten Schule, die red meat values der Republikaner, die Arroganz und Überheblichkeit gegenüber anderen (Minoritäten, Staaten, Weltanschauungen usw), der Versuch, die USA durch eine Politik und Kampagne der Angst noch tiefer zu spalten, dass all das gestern abgewählt wurde, lässt dann auch den Auslandsösi, der frisch wie eine nasse Zeitung im Bett liegt, ein bisschen proud sagen: Only in America.
Oder anders formuliert: Wo sonst wäre ein Obama möglich? In Österreich etwa?