Machen wir uns nix vor: alle Männer sind Sexisten. Das muss ich immer wieder feststellen, besonders an mir selbst. Dieses Eingeständnis fällt schwer. Aber es ist so. Je mehr Kalenderblätter sich wenden, desto geneigter bin ich, mich vom Ideal des aufgeklärten, modernen Mannes zu verabschieden, den ich jahrzehntelang weltanschaulich in mir zu erkennen glaubte. Baba Oida, dich gibt es nicht.
Klar hab ich dabei ein schlechtes Gewissen - schließlich bin ich katholisch erzogen und komme aus Österreich. Aber die Beichte im Feminismus-Seminar an der Uni, wo Kollegen mit langen Haaren die Schuld mehrerer tausend Jahre Patriarchat stellvertretend für alle weißen XY-Chromosomen-Träger der Vergangenheit, Gegenwart und sicherheitshalber auch der Zukunft auf sich genommen haben (und daraufhin diskursiv umso ärger in die Mangel genommen wurden) war ohnehin nie wirklich meins.
Das ging und geht bei mir anders und lässt sich etwas tautologisch als angewandter Pragmatismus bezeichnen, means: ich putze, bügle und koche mindestes fifty-fifty (eigentlich 70:30 wenn man es genau nimmt, heute zum Beispiel gibt es Avocado-Salat mit gelbem Paprika und Koriander) und zwar aus einer Selbstverständlichkeit heraus, die mir typisch für meine Generation scheint. Aber ist dieser Hinweis, diese Erklärung nicht auch schon wieder sexistisch? Weil es impliziert, dass Kochen, Putzen und Bügeln genuin weibliche Aktivitäten sind - äh - wären?
Aber ich kann auch anderes, korrekter und aus ganzem Herzen ehrlich: ich hätte zum Bespiel gar nichts dagegen, wenn meine Frau das Dreifache von mir verdienen würde. Does that count?
... Mann sein dagegen sehr!
Warum ich das schreibe hat mit folgender Begebenheit zu tun, die schnell erzählt ist: Gut eine Woche nach den Präsidentschaftswahlen in den USA habe ich die Band Vivian Girls interviewt (Portrait und Album-Besprechung heute in der FM4-Homebase ab 19 Uhr). Und obwohl die innere Gedankenpolizei bereits das Einsatzlicht in Inspektor Steve Keller-Manier aufs Dach der Benzinkutsche namens Hirn geheftet hatte, ist sie mir dann doch entfleucht, die bornierte, sexistische Döselfrage des Rock & Roll.
Are you a girls-only band?
(im weiteren Sinn einer feministischen Band, was von den Vivian Girls Katy, Cassie und Ali auch so verstanden wurde).
Und da dämmerte mir schon, wie bescheuert diese Frage eigentlich ist, wenn es sich - wie bei den Vivan Girls - um kein programmatisch agierendes Outfit mit hinreichender Textgrundlage handelt.
Sexistisch aber vor allem deshalb, weil man ja umgekehrt nie auf den Gedanken kommen würde, überhaupt die Frage nach dem Geschlecht zu stellen.
Hey Lemmy! Is Motörhead a boys-only band?
Okay - die Antwort kann sich jede/jeder selbst ausmalen.
Vielleicht wären die Fleet Foxes ein besseres Beispiel - Oder ist das jetzt doppelt sexistisch, mit einem Schlenker in Richtung Homophobie, weil die ja so lieblich, also ... autsch.
Und warum hat mich während meines letzten Besuches in der Funkhaus-Kantine zu Wien die FMqueere Runde grinsend mit der Feststellung begrüßt: Smash, wir haben gerade gerätselt, wer der heterosexuellste Mitarbeiter(in?) bei FM4 ist.
Hätte ich ihnen dann sagen sollen, dass ich durchaus weiß wie ein Mann schmeckt?
Und was hätte das geändert?
Die Vivian Girls haben übrigens geantwortet: not at all, we just like to play with friends.