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  Österreich | 10.11.2005 | 15:14   

 
 
Graffiti World - Street Art aus 5 Kontinenten
  von Alexander Hertel

Vor über 30 Jahren begannen Jugendliche in New York und Philadelphia, ihre Namen bzw. Spitznamen im öffentlichen Raum zu hinterlassen. Sie benutzten Stifte und Spraydosen, um ihre Tags (Namenskürzel) auf Wänden oder in öffentlichen Verkehrsmitteln anzubringen. Um sich von der Masse an Namen abheben zu können, mussten sich die Sprüherinnen und Sprüher ständig neue Wege einfallen lassen, um möglichst aufzufallen.

Es entstanden erste bunte Bilder (Pieces) mit Spraydose und schon bald wurde die New Yorker U-Bahn als perfektes Medium entdeckt, um die gesprühten Werke von einem Stadtteil in den nächsten fahren zu lassen. Graffiti, so wie wir es heute kennen, war geboren.

Im Laufe der Jahre entwickelten sich die Techniken immer weiter. Man benutzte diverse Aufsätze, um die Strichstärke der Spraydosen zu variieren. Figuren (Characters) wurden neben die Schriftzüge gemalt und verschiedene Schriftformen etablierten sich. Einige Sprayer malten sehr komplexe, verschnörkelte Buchstabenkombinationen, andere bevorzugten simple, leserliche Buchstaben.
 
 
 
"Atom" in San Francisco
 
 
Von der U-Bahn in die Galerie
  Während manche Menschen Graffiti als "Schmiererei" wahrnahmen, erkannten andere das kreative Potenzial hinter den gesprühten Werken. In den frühen 80er Jahren wurden erstmals Graffitis auf Leinwänden in anerkannten Galerien ausgestellt.

Die Künstler, die sonst nur U-Bahnen oder Wände bemalten, avancierten plötzlich zu Stars in der Kunstszene und wurden auch nach Europa eingeladen. Graffiti verbreitete sich um die Welt.

Überall entstanden eigenständige Szenen, die sich im Laufe der Jahre etablierten und ebenfalls eigene Stile und Techniken entwickelten.
 
 
 
Legale Auftragsarbeit
 
 
Graffiti vs. Street Art
  Neben herkömmlichen Spraydosen wurden Acrylfarben, Schablonen, Poster und Sticker dazu verwendet, um neue Dinge auszuprobieren und die Kunstform weiterzuentwickeln. Ob in London, Russland, Tokio oder Sao Paulo, überall gibt es mittlerweile Menschen, die ihre Spuren im öffentlichen Raum hinterlassen.

Während das Wort "Graffiti" für viele Menschen negativ behaftet ist, klingt das Wort "Street Art" viel ungefährlicher und harmloser. Manche Künstlerinnen und Künstler bezeichnen ihre Werke deshalb als "Aerosol Art" oder "Street Art".
 
 
 
Gesprühtes Bild von "Priz"
 
 
Über 2000 Fotos auf 376 Seiten
  Vor kurzem ist ein Bildband erschienen, der die weltweite Entwicklung anhand von Farbfotos dokumentiert. Nicholas Ganz hat versucht, mit dem Buch Graffiti World - Street Art aus fünf Kontinenten einen Überblick über die weltweite Szene zu geben. Auf 376 Seiten erhält der Betrachter die Möglichkeit, sich über 2000 Bilder von über 180 Künstlerinnen und Künstlern der ganzen Welt anzusehen.

Außer den Fotos, die sehr schön gedruckt wurden, gibt es noch Hintergrundinformationen zu allen Künstlerinnen und Künstlern, die in dem Buch vertreten sind. Auch wenn es nicht möglich war, alle relevanten Persönlichkeiten der Graffiti-Szene in einem Buch zu zeigen, ist es Nicholas Ganz gelungen, einen schönen Einblick in die Welt der bunten Wände und Züge zu gewähren.
 
 
 
Cover von "Graffiti World"
 
 
Viele legale, bunte Wände
  Einziger Kritikpunkt: Das Verhältnis von legalen Graffitis zu illegalen Werken auf Zügen, etc. ist nicht ganz gleichmäßig.
Das Buch zeigt hauptsächlich aufwändige, bunte Wandbilder, die offensichtlich bei Tageslicht an legalen Flächen gemalt wurden. Auch werden Tags, Sticker und "Bombings" (schnell gemalte Bilder in den Straßen) nicht wirklich berücksichtigt. Diese Formen von Graffiti sind aber ein extrem wichtiger Bestandteil der Bewegung, es wäre wichtig gewesen, etwas mehr Fotos aus diesem Bereich abzudrucken.
Denn meistens sind es illegale Graffitis, die in den Straßen der Städte die meiste Präsenz haben und die für heftige Diskussionen sorgen. Um ein authentisches Gesamtbild der weltweiten Bewegung zu zeigen, hätte man durchaus mehr auf illegale Graffitis eingehen können.

Das Buch "Graffiti World - Street Art aus fünf Kontinenten" ist in der Übersetzung von Markus Ronge beim Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag erschienen und im Handel um 48 Euro erhältlich. Inklusive 2000 Farbbilder und Hardcover-Umschlag.

Das Buch gewährt definitiv einen schönen Einblick in eine Kunstform, die sich konstant weiterentwickelt und mittlerweile über den ganzen Globus verbreitet ist.
 
 
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