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  Österreich | 24.10.2006 | 18:50   

 
 
Prime Cuts: STEREOTYP - Keepin' Me
  von Andreas Gstettner

Mittlerweile kennen ihn alle, die regelmäßig den Dub Club im Flex besuchen und sich für elektronische Musik interessieren: Stereotyp alias Stefan Mörth. Der Wiener DJ und Produzent hat mit seinem Debüt My Sound schon einmal bei uns das Album der Woche gestellt.

Jetzt, vier Jahre später, übertrifft das zweite Werk Keepin' Me den Erstling und die gehegten Erwartungen. Was wäre also folgerichtiger, als Stereotyp erneut auf das FM4 Podest zu heben.
 
 
 
Eine logische Weiterentwicklung
  Stefan Mörth hat es schon immer verstanden, seinen ganz eigenen Sound zu machen. Alles andere wäre laut ihm ja auch indiskutabel. Stereotyp hat es schon auf seinem Debüt - nicht ganz zufällig "My Sound" betitelt - verstanden, Stile nicht nur zu mischen und miteinander zu verbinden, sondern aus Einflüssen wie Reggae, Dub und Dance Hall ein neues Klanguniversum zu schaffen.

Insofern ist das Nachfolgealbum eine logische Weiterentwicklung der dubbigen Beats und elektronischen Atmosphären. Wobei "Keepin' Me" auf Discofeger und 4-to-the-floor Stampfer vollkommen verzichtet. Vielmehr dreht sich alles um Reduktion. Schon der Eröffnungs- und Titeltrack beginnt mit einzelnen digitalen Herzschlägen und flächigen Chorstimmen. Sehr langsam entwickelt sich dieses Stück zu einem hymnenhaften Einstieg in eine musikalische Welt, die sich einem in ihrer Ganzheit erst nach mehrmaligem Hören erschießt. Dabei wird nichts dem Zufall überlassen. Stefan Mörth weiß ganz genau, wie er seine musikalischen Fähigkeiten einzusetzen hat, damit der Spannungsbogen auch über die gesamte Albumlänge aufrecht erhalten wird.

 Das Stereotyp Debüt "My Sound" (2002) auf G-Stone.
 
 
Eine stimmliche Überraschung
  Trotz allen vertrauten Sounds ist das zweite G-Stone Album von Stereotyp auch eine Überraschung. Denn statt distanzierter Kälte - die elektronischer Musik häufig vorgeworfen wird, ob nun zu Recht oder nicht - wird "Keepin' Me" von viel warmen Soul zusammengehalten. Das liegt hauptsächlich an der Neuentdeckung Sandra Kurzweil. Ihre unglaublich gehaltvolle und bewegende Stimme kann mit so ziemlich jeder internationalen konkurrieren und locker mithalten.

Aber nicht nur Sandra Kurzweils Timbre ist den Tracks von Stefan Mörth zugute gekommen, auch ihr songschreiberisches Talent konnte Stereotyp voll ausschöpfen.

"Den Titeltrack Keepin' Me hat Sandra eigentlich zuhause alleine mit ihrer Gitarre aufgenommen. Sie hat mir damals erzählt, dass sie keinen Mikrophonständer gehabt hat. Also hat sie das Mikro einfach zwischen die Knie geklemmt, Gitarre gespielt und in gekrümmter Haltung dieses Lied eingesungen. Und das hat damals schon in dieser rauschigen Aufnahme komplett funktioniert. Also kann ich für Keepin' Me das ganze Lob nicht auf mich nehmen. Ich habe die Nummer zwar ausproduziert, aber die Sandra hat den Song eigentlich alleine aus dem Boden gestampft."

Wenn man noch dazu das charmant poppige "Ladies Do", den energetischen Grooveknüller "It's You" und die fabelhafte, organische Elektroballade "Blinded" hört, dann wird klar, warum Stefan Mörth derart fasziniert und begeistert über Sandra Kurzweil spricht. Nämlich zu Recht.

 Die stimmlich Überraschung: Sandra Kurzweil
 
 
Stefan Mörth in seinem Studio, das er - wenn er es einmal betreten hat, egal zu welcher Uhrzeit - meist nicht vor Sonnenaufgang verlässt. Denn in der Nacht "klopft ein anderer Beat"!
 
 
Eine absolute Supergroup
  Dass Stereotyp seine musikalischen Verbindungen pflegt und stetig erweitert, hat zur Folge, dass die Kooperationen auf dem Album sich wie eine Supergroup lesen. Neben den altbekannten und nicht minder großartigen Vocalisten Cesar Sampson und Hubert Tubbs, gesellen sich der englische Ragga Meister MC Coppa, sowie Wu-Tang Clan Member Cappadonna dazu. Letzterer legt übrigens mit "Do Dirt" eine reduzierte und unglaublich futuristische Hip Hop-Dub-Nummer vor, die keine Wünsche in Richtung Eigenständigkeit und frischen, neuen Sound offen lässt.

Neben Sandra Kurzweil sind auch weitere Frauenstimmen auf "Keepin' Me" vertreten: Die in Amerika lebende Sängerin Daniela Bauer, die auch schon mit dem Cafe Drechsler zusammengearbeitet hat, sowie ihre Freundin Jennie Laws.

Bei all diesen Gästen darf natürlich Stereotyps musikalische Familie, die Al-Haca Posse, nicht fehlen. Allen voran RQM, der seine Präsenz bei dem düsteren "It's On" und dem rhythmusgetriebenen "Nothing But Love" eindrucksvoll unter Beweis stellt.

 Der Nachfolger: Stereotyps "Keepin Me", ebenfalls auf G-Stone erschienen, mit unzähligen superben Gaststimmen.

 
audio
 
title: Prime Cuts: Keepin' Me
artist: Stereotyp
length: 0:47
MP3 (760KB) | WMA
   
 
 
Ein meisterhaftes Werk
  Neben den oben angeführten Gründen gibt es einen weiteren dafür, dass "Keepin' Me" ein wirklich meisterhaftes Werk geworden ist. Nicht zuletzt waren es die Improvisationen, die Stefan Mörth und seine musikalischen Gäste zu den vierzehn sehr abwechslungsreichen Tracks inspiriert haben.

"In diesem Freiraum entstehen die besten Sachen. Aber das geht halt nur, wenn man sich selbst zurück nimmt und sich dazu entschließt, Dinge auszuprobieren. Da darf man dann halt nicht selbstverliebt in die eigenen Sachen und Sounds sein, sondern sich auch trauen, Dinge zu ändern, um- oder gar wegzuwerfen."

Das zweite Stereotyp Album klingt wirklich so, also ob anfänglich viel mehr hineingepackt war und erst nach und nach in einigen Produktionsschritten gewisse Arrangement-mäßige Kürzungen und Harmonie-mäßige Soundentrümpelungen erfahren hat.

So ein "gutes Ding" brauch eben Weile.

Und viele gute Musiker.

Und darüber hinaus viel Erfahrung.

Das alles hat Stefan Mörth, Gott sei Dank!

 Stefan Mörth in kritischer Pose.
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