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Wien | 22.12.2008 | 10:09 
Twilight Zone: Musik-, Film-, Comics & more aus den schummrigen Gebieten des Pop.

Rotifer, Blumenau

 
 
Von Flammen und Zitronen
  Wenn sich Filme mit der Zeit des Dritten Reiches auseinander setzen und dabei auf persönliche Einzelschicksale fokussieren, entzünden sich bekanntlich hitzige Debatten.

Besonders heftig wurde die Diskussion anlässlich von Oliver Hirschbiegels Hitlerdrama 'Der Untergang' geführt, den ich ja nach all den Medienberichten gar nicht mehr sehen wollte. Darf ein Diktator, der seinesgleichen sucht, so empörten sich weite Teile der Kritik, auf seine menschlichen Seiten reduziert werden?

Umgekehrt tobt schon lange die negative Vorabberichterstattung zu Bryan Singers Film 'Valkyrie' ('Operation Walküre'), der Anfang nächsten Jahres anlaufen wird. Ist es angemessen, dass ein zwielichtiger Oberscientologe wie Tom Cruise den mutigen Hitlerattentäter Graf von Stauffenberg spielt?

Solche Kontroversen, die in Deutschland immer wieder ausbrechen, sind in Dänemark scheinbar kein Thema. Von der Presse gelobt, avancierte der Streifen 'Tage des Zorns' dort zu einem der erfolgreichsten Filme der vergangenen Jahre. Dabei bricht der TV- und Kinoregisseur Ole Christian Madsen in seiner wahren Geschichte zweier legendärer Widerstandskämpfer mit allen heroischen Klischees.
 
 
 
 
 
  'Flammen & Citronen' heißt dieses Zweiter-Weltkrieg-Drama im Original. Flamme und Zitrone, so lauten die Decknamen zweier Männer, die als dänische Widerstandskämpfer ganz oben auf der Abschussliste der deutschen Besatzer stehen.

Der junge Flamme mit seinen auffälligen roten Haaren und der hitzköpfigen Art und der etwas ältere und melancholische Zitrone bilden ein äußerst ungleiches Paar. Und trotzdem eint die beiden der Hass auf die Nazis und auch auf die einheimischen Kollaborateure.

Flamme und Zitrone haben als Gründer der Partisanengruppe Holger Dankse eine eindeutige Mission: dem Feind jeden nur erdenklichen Schaden zuzufügen. Im Fall der beiden Widerstandskämpfer heißt das: möglichst viele Spitzel und dänische Sympathisanten des Naziregimes auszulöschen. Ein dreckiger Job natürlich, aber jemand muss ihn ja tun, rechtfertigen die Männer ihrer Mordanschläge.
 
 
 
 
 
  Allmählich unterlaufen den beiden Killern, die für die gute Sache töten, immer mehr Fehler. Flamme versagt beim Auftrag, den Chef der deutschen Abwehr zu ermorden. Zudem lässt sich der junge Mann auch noch auf eine Affäre mit der undurchsichtigen Ketty ein, die möglicherweise als Doppelagentin arbeitet.

Zitrone kompensiert den privaten Disput mit seiner frustrierten Frau mit kaltblütigen Exekutionen vermeintlicher Gegner. Die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen plötzlich mehr, als es die beiden Partisanen wahrhaben wollen.

Historische Faktentreue interessiert den Regisseur Ole Christian Madsen eher wenig. Er will zeigen, was aus freiwilligen Attentätern wird, wie sich die ständige Präsenz von Tod und Gewalt auf die Befindlichkeit von Menschen auswirkt.

'Tage des Zorns' ist eine Psychostudie zweier mörderischer Rebellen und kein heroisches Widerstandsdrama, ganz im Gegenteil. Madsen konfrontiert den Zuschauer mit den moralischen Fragen und Zweifeln, die die Protagonisten beinahe auffressen. Stück für Stück demontiert der Regisseur dabei den Mythos um die beiden dänischen Volkshelden Flamme und Zitrone.
 
 
 
 
 
  Nun gibt es verschiedene Möglichkeiten, so eine zwiespältige Widerstandsgeschichte formal zu verpacken. Paul Verhoeven kokettierte in seinem sehenswerten 'Black Book' mit Exploitationzitaten und sogar mit schwarzem Humor. 'Flammen & Citronen' wirkt dagegen auf weite Strecken wie ein slicker Film-Noir-Thriller, der nur zufällig im besetzten Dänemark angesiedelt ist.

Auf der anderen Seite versucht Ole Christian Madsen, den nachtschwarzen Genreklischees mit einer Inszenierung entgegenzusteuern, die manchmal betont kühl und bisweilen steif daherkommt.

Ein anderes Problem liegt in der Zerrissenheit der Figuren. Die beiden dänischen Stars Mads 'Le Chiffre' Mikkelsen und Thure Lindhardt geben ihr Bestes, um Flamme und Zitrone zu Identifikationsfiguren zu machen. Aber trotzdem wirken die beiden Todesengel zu unnahbar und verschlossen, um einen emotional nachhaltig auf ihre Seite zu ziehen.

Trotz aller dieser Abstriche bleibt 'Tage des Zorns' ein Stück beeindruckend ambivalentes Kino zu einem schwierigen Thema.
 
 
 
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