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Wien | 5.11.2005 | 13:10 
Videospiel-Kultur, essenzielle Elektronik und famoses Allerlei.

Burstup, Gerlinde, Grenzfurthner

 
 
Shadow of the Ronneburg
  In den zwei Nächten von Dienstag bis Donnerstag habe ich ingesamt sechs Stunden geschlafen. Zweimal hintereinander bin ich spät ins Bett gegangen, zweimal hintereinander musste ich in aller Herrgottsfrüh am Flughafen sein.

Dafür war ich dabei, als japanische Games-Designer auf die Pauke gehauen haben und ein übereifriger Minnesänger ein achtgängiges Ritter-Abendessen bekaspert hat. Willkommen in der Welt der Videospiele-PR!
 
 
 
Zum Spiel das Event
  Die Games-Industrie beherrscht eines wirklich gut: Spektakel. In der Welt der digitalen Spiele besteht PR-Arbeit längst nicht mehr aus schnöden Pressekonferenzen, Informations-Aussendungen und dem Zuschicken von Testmustern.

Stattdessen werden neue Games gerne in Form von überschwenglichen Happenings präsentiert, bei denen Journalisten oft mehrere Tage an einen bestimmten Ort eingeflogen werden. Dort passieren dann arge Sachen, die meist in mehr oder weniger direktem Bezug zum Spieleinhalt stehen. Erfundene Beispiele: Zum Army-Shooter X gibt's einen Flug im Militärhubschrauber, zur Lebens-Simulation Y die Pyjamaparty, zum neuen Fußball-Game den Ausflug ins Stadion.

Ich selbst war bisher erst bei zwei solcher Veranstaltungen mit dabei - in erster Linie deshalb, weil ich diesem Rambazamba eher skeptisch gegenüber stehe. Aber natürlich kann sowas manchmal auch recht nett und lustig sein. Vor allem dann, wenn ein außergewöhnliches Spiel im Mittelpunkt steht ...

 
 
Auf in die Burg!
  Vergangenen Mittwoch ging's um so ein außergewöhnliches Spiel. Die Firma S. hat zur Präsentation des famosen PS2-Spiels "Shadow of the Colossus" geladen - der offizielle Nachfolger des zurecht hochgelobten Action-Adventure ICO aus dem Jahr 2002.

Das Game spielt in einem mythischen Setting mit viel antiker bis mittelalterlicher Architektur - Grund genug, das Spiel in der historische Stadt Büdingen bei Frankfurt zu präsentieren. In der Ronneburg.
 
 
 
 
 
  Nach ein paar Stunden Erholungszeit im Hotel findet sich die deutschsprachige Gaming-Fachpresse im Hof der Burg ein und wartet punschtrinkend auf den ereignisreichen Abend. In der einen Ecke sieht man schon ein paar Asiaten plaudern. Asiaten? Ja, denn "Shadow of the Colossus" wird dieses Mal nicht bloß von deutschen PR-Menschen präsentiert, wie es leider sonst oft üblich ist. Stattdessen wurden die zwei japanischen Chef-Entwickler des Spiels eingeflogen - eine sehr lobenswerte Sache.

Die Spannung im Hof steigt so wie die Temperatur sinkt und nach einer dreiviertel Stunde Wartezeit tappsen wir endlich die steinerne Wendeltreppe hoch.
 
 
 
Producer Kenji Kaido (links) und "Shadow of the Colossus"-Mastermind Fumito Ueda - Director, Game Designer und Lead Artist in einer Person - präsentieren in einem eher kleinen ritterlichen Zimmerchen ihr neues Spiel.
 
 
Langer Abend
  Nach der kurzen Präsentation des Spiels mit Trailern und einigen Kommentaren der beiden Chef-Entwickler, beginnen die Gruppen- und Einzelinterviews, die mit Hilfe einer Übersetzerin geführt werden. Die lange Wartezeit wird durch ein interessantes - wenn auch unter der "stillen Post" der Übersetzung leidendes - Interview wieder wett gemacht.

Doch die wirkliche Herausforderung, sowohl für die Developer als auch die Journalisten, steht erst bevor: Das Rittermahl in acht Gängen.
 
 
 
Al ful!
  Auf einem U-förmigen Tisch werden bei Kerzenlicht und einer Art Wurfmesser als Besteck unter anderem Suppen (die musste man schlürfen), Pasteten, Erdäpfelteigstücke in Cremesauce, Teile eines Schweins und Käsescheiben serviert. Währenddessen hampelt ein übereifriger, als Minnesänger engagierter Unterhalter umher, singt, spricht und bedient diverse altertümliche Instrumente. Hin und wieder werden die schlabbernden Gäste von ihm mit diversen Aufgaben bedacht. Dass es Zufall war, dass ausgerechnet der überdrehte GIGA-Moderator zum offiziellen Trink-Animator gekürt wurde, der dann alle paar Minuten einen mittelalterlichen Trinkspruch rausbrüllen musste - ich bin mir nicht sicher ...
 
 
 
Der vielleicht schwierigste Teil im Arbeitsleben eines japanischen Game-Designers ...
 
 
Gerechtfertigte Freude
  Wichtige Spiele von großen Games-Konzernen werden, wie schon gesagt, oft in Form solcher Erlebnisausflüge präsentiert. ICO war allerdings ein Nischentitel, der kommerziell leider nicht erfolgreich war und immer noch als Geheimtipp gilt.

Erfreulich also, dass es dafür nun trotzdem einen Nachfolger gibt und dieses bemerkenswerte Spiel auch noch so umfangreich promotet wird. Dass lässt darauf schließen, dass sich die Firma S. Großes von dem Game erhofft - selbstverständlich nicht nur, was das Künstlerische betrifft, sondern in erster Linie in Bezug auf die Verkaufszahlen.

Beim japanischen Verkaufsstart ist bereits eine beträchtliche Stückzahl von "Shadow of the Colossus" verkauft worden. Überdies wurde angekündigt, dass ICO re-released wird. Schön, dass hin und wieder auch in Games, die etwas anders sind, großes Vertrauen gesetzt wird. Im Fall von "Shadow of the Colossus" wird es sich auch bestimmt bezahlt machen.
 
 
 
 
 
  "Shadow of the Colossus" ist ein PS2-Exklusivtitel und in Japan und den USA bereits erschienen. Der Europa-Releasetermin ist für Februar kommenden Jahres angekündigt. Eine Vorschau auf das Spiel und Ausschnitte aus dem Interview mit den Entwicklern wird es demnächst auf FM4 zu hören geben.
 
 
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