Think About Life, das sind a black guy, a hipster and an albino aus Montreal, die Disco/House/Trash/Pop machen. Zumindest steht das auf ihrer Myspace-Seite, die liebevoll in adrettem weiß und rosa Raubkatzen-und-Basketballer-Design gehalten ist.
Aber das ist ja gar nichts im Verhältnis von vor 2 1/2 Monaten, als ich die Band mitten im Oktober dort entdeckt habe: Überschriften in schniekem neon-blau-grün und - oh la la! - auch eine frei downloadbare MP3-Version eines gewissen Songs namens "Paul Cries".
Tja, ganz ehrlich, so versessen, wie meine eine dieser Tage hinsichtlich schwedischer Bands ist, haben es da kanadische Künstler - trotz großer Reputation und größter Hochachtung auch seitens der skandinavischen Musikfreunde - natürlich ziemlich schwer, sich mein Gehör zu verschaffen.
Think About Life waren aber ein echter "Aufhorcher" in dem "Neue MP3s"-Ordner auf meinem MP3-Spieler. Zwei Wochen lang wollte ich unterwegs jedenfalls kein anderes Lied als besagtes hören. Und es ist wohlgemerkt einige Jahre her, seit ich die Repeat 1-Funktion zum letzten Mal genutzt habe. So schön wie Paul hat halt schon lange keiner mehr geweint. Keine Frage, danach musste ich mir einfach das dazugehörige Album beschaffen!
Think About Who?
"The black guy" heißt Martin Cesar und singt. Vom ersten (Digitalbild-)Eindruck her kann man wohl Drummer und Co-Vocalist Matt Shane durchaus als Hipster bezeichnen. Und mit Albino muss dann wohl der leicht nerdig wirkende Musik-Mastermind der Band gemeint sein. Dieser heißt Graham van Pelt und hat beim Debutalbum auch das meiste der Produktionsarbeiten übernommen. Der besagte knapp 35-minütige Langspieler ist übrigens ebenso wie die Band mit "Think About Life" betitelt und wurde dieses Jahr auf Alien8 Records veröffentlicht.
Ein echtes Prunkwerk der blauäugig-heroisierenden Sound Pop Art ist dieses geworden. Hundert Prozent DIY-Ästhetik mit einer gesunden Portion Gewusel und Gefiepe irgendwo zwischen Punk, HipHop und Electronic. Die Gefühlslage im Spannungsfeld zwischen Partyhymnen, Burn Out und Herzklopfen.
Die Ästhetik des Schrägen und Schiefen.
Die Perfektion des Imperfekten.
Die emotionale Treffsicherheit der verfehlten Emotionen.
Die Gesamtheit von Zartem und Hartem und der inhaltliche Spannungsbogen zwischen Geld, Tod und Liebe erschaffen innerhalb von 10 variationsreichen Liedern den perfekten Klanggeleit durch kalte Tage.
Live in Montreal
(c) Kate Irvine
Denn wenn sich alles langsam auf den eisigen Wintertod vorbereitet, ist es nicht genau dann, dass man sich erst recht der Lebenslust bewusst wird? Und in eben dieser Gegensatzmanier sind es wohl auch genau die makaberen Beschreibungen wie die von der blauen Sonne und den Maden in deinen blauen Armen (im Song #10, "The Blue Sun"), die Think About Lifes Musik so unbeschreiblich schön machen.
Aber nur damit das klar ist: "Think About Life" ist keinesfalls Saison-gebunden und verträgt sich sowohl bestens mit Herbstlaub und Winterfrost als auch mit Frühlingsblumen und Sonnenbrand.
Wer gerne über das Leben nachdenkt und mal die schwedische Perspektive ausprobieren möchte, mag vielleicht mit folgenden Klangtextern anfangen:
Tar...Feathers: "Make Way for the Ocean Floor to Fall to the Surface"
Leopold: "Friend of a Friend"
The Grand Opening: "This Is Nowhere To Be Found"
Nicolas Makelberge: "Dying In Africa"