Eine alte Dame geht heute einkaufen. Eine Satz von zeitloser Richtigkeit, den man bei stagnierender Konversation gut als Pausenfüller gebrauchen kann, schließlich würde es die Möglichkeiten der Stochastik sicher sprengen, wollte man errechnen, wie wahrscheinlich es ist, dass weltweit keine einzige Seniorin ihren Einkäufe erledigt.
Wobei: Eigentlich ist die Chance, dass eines Tages auch nicht im hintersten Winkel unseres Erdenrunds eine Greisin shoppen geht, durchaus gegeben, im Falle einer kosmischen Katastrophe etwa, es kann ja allerlei passieren in so einem Sonnensystem, ungeregelter Gesteinsbrockenverkehr, wohin man sieht, und wie wahrscheinlich es ist, dass ein Asteroid einen unserer neun Planeten beschädigt, die mir mein gütiger Vater übrigens jeden Sonntag neuerlich erklärt, kann man sicher bestimmen.
Eine inhaltlich eher durchwachsene Einleitung, die aber thematisch voll ins Schwarze trifft, sind im bisherigen Text doch zwei gängige Merksprüche, die einerseits für Gitarristen und anderseits für Astronomen von Bedeutung beim Festigen des Grundwissens sind, geschickt verwoben. Offenbar benutzen Astronomen furchtbar gerne komische Merksätze, richtig nützliche selten. Vor allem nahe Verwandte spielen oft eine Rolle, so dient der Satz "Opa, bei allen Fixsterntypen gibt's Kennzeichnende Merkmale (Richtige, nicht Spaßhalber)" dazu, sich die Spektraltypen der Sterne einzuprägen, eine Alternative dazu ist "Offenbar benutzen Astronomen furchtbar gerne komische Merksätze, richtig nützliche selten."
Nicht alle Merksprüche sind aber so dämlich wie obige - Viele sind noch viel blöder. Die unangefochtene Nummer eins meiner persönlichen Merkspruch-Hitparade ist "Falco Attackiert Chinesische Eisfabrik." Dieser Spruch soll helfen, die Reihenfolge der Zwischenräume im Violinschlüssel zu memorieren. Als würde es nicht reichen, dass die vier Buchstaben die gängige angelsächsische Vokabel für 'Gesicht' ergeben, hat sich die internationale Interessensgemeinschaft für die Verankerung der Violinschlüsselzwischenraumreihenfolge im Allgemeinbewusstsein diesen im grammatikalischen Mantel einer Boulevardschlagzeile reinpreschenden, völlig absurden Satz einfallen lassen. Am Herzkasper würde eine alte Dame verenden, wenn sie heute einkaufen ginge und kein Speiseeis für die Enkel feilgeboten würde, weil durch die wilde Attacke eines toten Österreichischen Sprechgesangkünstlers eine chinesische Eisfabrik in Schutt und Asche liegt. Verrückt wäre das, da wäre selbst mein Vater um eine Erklärung verlegen, der mir ja sonst jeden Sonntag nicht nur unsere neun Planeten erklärt.
Um die Falco-Erinnerungsstütze gleich zweifach mit mehr Aktualität zu veredeln, würde ich Musikpädagogen folgenden Vorschlag empfehlen: "Fendrich arbeitet Chinesisch (=emsig)". Genau so emsig arbeite ich an Merksprüchen, und zwar in Fällen, wo es zwar bereits welche gibt, diese aber so absurd sind, dass es länger dauert, sich den Satz zu merken als die Ausgangsinformation. Ein Beispiel dafür ist der folgende, dessen Anfangsbuchstaben oder -silben die ersten zwanzig chemischen Elemente im Periodensystem bilden: "Haste Heute Liebe Bekommen, Brauchste Ceinen Neuen Otto (Für 'NeNamentliche Matschgesellschaft. Als Sie Phor Schwefel und Chlor Argwöhnisch wurde Kam der Cater.)"
Das muss doch wenigstens ein bisschen eleganter gehen, meine lieben Herren Chemiker! Was haltet ihr zum Beispiel davon: "Herrn Hendrix ließ man bei besonderen Charityveranstaltungen neue oder fast neue, nach meinem Gehör allzu simple Popsongs spielen. Er liebte auch Chlor, Argon, Kalium und Calcium." (Am Ende könnte man noch arbeiten, aber die vier müssen auch so gehen).
Oder ihr fleißigen Biologen! Wie soll sich jemand das Linnésche System mit "REstliche STücke KLeiner Ofenkartoffeln FAhren Gerne Auto." verinnerlichen? Besser wäre doch "Recht stupid klingt obendrein Falcos Gelati-Attacke.".
Diese Beispiele dadaistischer Fachbegriffsaneignungshilfen sind aber noch immer erstklassige Gedächtnisstützen, wenn man sie mit einem Merkspruch vergleicht, der verdeutlichen soll, dass Afrikanische Elefanten lange Ohren, indische aber kurze haben. Er geht so:
Afrikanische Elefanten haben lange Ohren,
Indische Elefanten haben winzige Ohren.
Gefunden in der Liste der Merksprüche bei Wikipedia, wie auch obige. Ebenfalls von Wikipedia:
Mit Muße bezeichnet man die Zeit, welche einer Person zum Nutzen nach eigenem Wunsch zur Verfügung steht, worin sie "sich erquickt und erbaut". Zeiten oder Augenblicke der Muße, ehedem nicht leicht zu erringen, werden stark vom Leben im 'Hier und Jetzt' bestimmt: Carpe diem.
Also: Nutzen Sie den Tag und erfinden Sie Alternativen zu den verlinkten Merksprüchen, erfinden Sie womöglich neue, wo sich noch nötig sind und posten Sie Ihre Ideen ins Forum, derer manche dann die elektronische Enzyklopädie ergänzen sollen. Viel Spaß dabei.