Welche drei Gegenstände würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen?
Häufig ist von Interesse, welche drei Gegenstände man auf eine einsame Insel mitnehmen würde. Nachdem es dem Volksmund zufolge keine blöden Fragen, sondern nur dumme Antworten gibt, bin ich gewillt, diesem Fragebogen-Evergreen geziemend nachzugehen. Was nun genau daran interessant ist, auf welche Habseligkeiten man bei einer hypothetischen Exkursion auf ein Eiland nicht verzichten möchte, soll gar nicht Kern der Diskussion sein, vielmehr ist es mein Begehr, diesen interrogativen Sondermüll entgegen jeglichem Gegenwind aus dem Forum ("Sommerloch?", "FM4 wird auch immer schlechter!") ernstzunehmen und mich um eine zureichende Replik zu bemühen.
Folgende Probleme mit der Frage an sich halte ich dabei aber für durchaus bedenkenswert:
1. Welche drei Gegenstände würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen?
Drei ist durchaus ein Klassiker. Fünfhundertneun beispielsweise weniger, denn fünfhundertneun Bier trinkt man ebensowenig, wie aller guten Dinge siebentausendvierhundertfünfundsechzig sind. Auf eine gültige Einsatzmöglichkeit dieses Sprichworts würde mancheiner wohl sein Leben lang warten. Außer, man braucht zufällig eine Nähmaschine und kauft sich dann obendrein zufällig das Modell 'Singer Confidence 7465', über die in einer Kundenrezension zu lesen ist: "Besonders beeindrucken mich die Direktwahltasten und der Fadenabschneider". Jaja, beeindruckende Direktwahltasten, aller guten Dinge sind eben siebentausendvierhundertfünfundsechzig. Und erst der Fadenabschneider, früher mussten wir armen Näh-Freaks ja Scheren benutzen, aber heute wähle ich eine beeindruckende Direktwahltaste und bediene so den vollautomatischen Fadenabschneider.
Ende der Abschweifung.
Das Problem mit drei ist aber folgendes: Ab wann ist ein Gegenstand ein Gegenstand? Eine Packung Zündhölzer besteht ja im Grunde aus diversen Holzstücken in einer Kartonkassette. Muss ein Gegenstand also sozusagen aus einem Guss sein oder darf er sich in mehrere, sich ergänzende, ein Ganzes ergebende Unter-Gegenstände aufgliedern? Ist ein Schweizer Taschenmesser in der Gegenstandsdefinitionssystematik gleichberechtigt mit dem Funktionsärmeren Taschenfeidl? Wenn nicht, gölte (vergl. Jahresbericht 2006 der 'Freunde der aussterbenden Konjunktivformen') es dann auch, einfach einen Sack mit Dutzenden Gegenständen mitzunehmen?
Wenn schon die Vagheit der angeführten Zahl irritiert, wie ist es dann erst mit 'Gegenstand'?
2. Welche drei Gegenstände würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen?
Im Bertelsmann-Wörterbuch ist Gegenstand folgenderweise definiert:
Ge|gen|stand [m. 2] 1) greifbarer Körper; harter, runder G. 2) Thema, Stoff; der G. eines Gesprächs; ein G. von weit reichender Bedeutung; unsere Diskussion hatte das neue Theaterstück zum G. 3) etwas, worauf sich ein Gefühl richtet; der G. seines Zorns befand sich bereits außerhalb seiner Reichweite
Ein Gegenstand muss also nicht zwangsläufig physisch sein. Wie aber soll man Diskussionsthemen mit auf eine Insel nehmen? Mit wem soll man sie behandeln? "Also, ich würde mich für Juragewässerkorrekturen, Gender-Mainstreaming und den Österreichischen Fußball entscheiden."
Ungleich heikler wird es noch mit Punkt 3. Und dem vierten, den ich den redlichen Bertelsmännern für die nächste Auflage nahelegen möchte: 'Gegenstand' ist auch als Synonym für 'Schulfach' gebräuchlich. Sind Bildnerische Erziehung, 'Reli' oder Leibesübungen dem Selbsterhaltungstrieb in der unbevölkerten Flora dienlich?
3. Welche drei Gegenstände würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen?
Wie einsam ist sie denn genau? Ist sie nur unbesiedelt oder gibt es am Ende keine Fauna? Wo befindet sie sich? Zwanzig Meter vom Bodenseeufer entfernt oder im Südwest-Pazifik? Ist sie felsig, von Sandstränden umsäumt, vergletschert oder sumpfig? Wie hoch sind die Roaming-Gebühren in die Heimat?
4. Die Ausgangslage
Wenn man schon zum hypothetischen Kofferpacken1 nötigt, sollten auch einige eminente Zusatzinformationen nicht unterschlagen werden.
Ein zentraler Punkt ist selbstredend die Frage, ob die Reise ins unbewohnte Ungewisse auf freiwilliger Basis, etwa jener der Selbstfindung, oder wider Willen angetreten wird, etwa durch einen Unhold oder gleich mehrere. Weiters gilt zu klären, wie die Anreise erfolgt. Muss man nämlich in Eigenregie zum neuen Domizil schippern, erübrigt sich die Frage nach Gegenständen, da man ja schlichtweg heimlich zu Hause bleiben könnte. Wird man jedoch chauffiert, empfiehlt es sich entweder, die vereinbarte Taxe bei sich zu führen, um nicht den lieben Streit ums Geld als letzte Erinnerung an das Leben in der Zivilisation zu behalten, oder eine handliche Flinte, falls man es mit garstigen Entführern zu tun hat.
Schließlich wäre es noch vorteilhaft, die Dauer des Aufenthalts zu erfahren. Muss man nur eine Minute auf der Insel bleiben, wären drei Wunderkerzen ein angemessener und erquicklicher Zeitvertreib, wobei man in einer Minute auch wohltuende Zerstreuung ohne Gegenstände erreichen kann. Dauert der Aufenthalt jedoch lebenslänglich, also mindestens fünfzehn Jahre, sollte die Auswahl der drei möglichen Objekte schon etwas sorgfältiger erfolgen.
1Ist die Mitnahme eines die Transportstrapazen mindernden Hilfmittels erlaubt, ohne es zu einem Drittel der 'drei Gegenstände' werden zu lassen?
Welche drei Gegenstände würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen?
Die Antwort
Nach etlichen Präzisierungen und Gegenfragen, die mir bei der Beantwortung rein gar nichts helfen, werde ich dem Flehen der Lesenschaft nun endlich nachgeben und verraten, für welche Gegenstände ich mich entscheiden würde:
Ein Messer, ein Feuerzeug und ein gutes Buch.
Für diese langweilige Antwort haben Sie nun einiges an Text erduldet. Es tut mir leid.