Du findest deinen Ombudsmann heute recht nachdenklich vor. Es ist mir in meinem Leben bisher recht gut geglückt, mich nur im extremen Notfall selbst grundsätzlich in Frage zu stellen. Seit gestern ist alles anders.
Nachdem der kommende weiße Sonntag die erste feierliche Spende des Sakraments der Eucharistie an die Tochter der stellvertretenden Vorsitzenden der Nacktbocciagruppe zeitigen soll, und meine Ilse mich in die Pflicht genommen hat, ein dem Anlass entsprechendes Präsent aufzutreiben, sah die Welt deinen Ombudsmann gestern nach Dienstschluss ein Taxi zum Kaufhaus seines Vertrauens nehmen. Der Chauffeur erkannte mich sofort und begann, wie so viele junge Menschen vor ihm (allein über ombudsmann.fm4@orf.at gehen täglich drei Waschkörbe ein) sofort, sich bei mir zu bedanken.
Ich kann mich nicht mehr an den genauen Wortlaut erinnern. Es war aber soetwas wie: "Ich möchte die Gelegenheit ergreifen und Ihnen für Ihren unermüdlichen Kampf um die Aufdeckung der Wahrheit gratulieren. Oft sind Ihre Analysen so schonungslos und hart, dass es mich beinahe wundert, wie soetwas unzensiert im ORF laufen kann. Wie machen Sie das nur?"
Erst war ich versucht, mich für die Anerkennung zu freuen, die meinen Bemühungen entgegen gebracht wird. Immerhin ist meine Tätigkeit in der Tat ein ständiges Katz und Maus Spiel mit der Obrigkeit. Und jedes Mal, wenn ich versuche, den Mächtigen in ihrem Streben nach der totalen Kontrolle durch Volksaufklärung ein Bein zu stellen, bin auch ich nicht frei von Existenzangst und fange an zu schwitzen.
Doch dieser Kampf muss geführt werden. Das ist mir klar. Außerdem zahlt FM4 sehr gut und ich kann mir die modernsten Herzmittel leisten, die momentan am Markt zu bekommen sind. Warum aber lassen diese Gedanken deinen Ombudsmann an sich selbst zweifeln? Wie der Taxifahrer richtig bemerkt hat, wurde ich bisher noch nie zensiert. Die Geschichte hat gezeigt, dass von Zensur immer nur die Wahrheit betroffen ist. Wie weit also bin ich von der Wahrheit entfernt?
Vielleicht kann mir ja FM4 Chefin Eigensperger weiterhelfen. Ich werde sie am Rande unserer nächsten Golfpartie darauf ansprechen. Für die Tochter der stellvertretenden Vorsitzenden der Nacktbocciagruppe habe ich jedenfalls noch ein schönes Geschenk zur Erstkommunion gefunden: Das "Schwarzbuch Arbeitswelt" der Arbeiterkammer in einer signierten Erstausgabe.
Mit den besten Wünschen für ein blütenweißes Wochenende verbleibt,