DJs gibt es wie Sand am Meer. Einen Zugang zur Kultur dahinter haben die wenigsten, vermuten sie doch darin eine ihrer Ansicht nach falsche Herangehensweise. DJ und Kultur - muss das sein? Natürlich nicht. Die totale Verflachung dieser Tätigkeit kann's aber auch nicht sein. Die internationale Dancemusic Community wird zur Schau gestellt, tanzen tun nur wenige. Ich meine tanzen, kein sich im Rhythmus zwischen Aschenbechern zur Bar hinbewegendes Gestolpere.
Ich erinnere mich an einen Abend vor drei Jahren, glaube ich. Da besuchte ein DJ den Life Ball, um im Anschluss in einem schicken Wiener Club aufzulegen. Dort, wo normalerweise keiner tanzt, obwohl sich alle bewegen, sollte sein Spirit auch dem noch so abgebrühten Cocktail-Trinker ins Hosenbein fahren. Es geht also doch um mehr, als das bloße Ineinanderfaden von Sounds und Rhythmus. Oder war es an diesem Abend ein optischer Effekt, den der im Smoking gekleidete und mit Knochen in Nase und Ohr bestückte Künstler auslöste? Sein Name ist Osunlade und für mich ist er einer von denen, die alles über Dancemusic wissen, weil sie es fühlen.
Der Mann, der es schafft, in jedem Club rhythmische Turbulenzen aufkommen zu lassen und mit seinem Label Yoruba, das auf die gleichnamige Religion seinen Spirit aufbaut, prägte, wie wenige andere in den letzten Jahren, die internationale Musikszene. Nicht nur mit den eigenen Produktionen auf SoulJazz Rec., Yoruba oder aktuell Strictly Rhythm; vor allem seine Remixarbeiten haben den, jetzt von der weiten Welt abgeschieden, auf einer Insel in Griechenland lebenden, Künstler zur lebenden Legende gemacht.
Das famose Label BBE ließ nun Osunlade eine Doppel-CD lang das tun, was er am liebsten macht. Zu sehen ist das Ganze als eine Art Bestandsaufnahme der derzeitigen Situation der Deephouseszene. Ein Umschwung findet statt. "More fucking House" brüllen die Innervision Leute aus Berlin. Vorbei das tatenlose Zuschauen. Mehr Musik! Osunlade spielt sich mit dieser Compilation an die vorderste Front. Vor allem Tracks seines eigenen Labels werden gefeatured, somit auch seiner Arbeit Tribut gezollt. Boddhi Satva, Afefe Iku oder Osunlade selbst, sowie Atjazz oder The Godson, um nur einige zu nennen. Andere würden jetzt zahlreiche Stile erfinden, um diese CD in gewisser Weise, und weil es Sitte ist, einzuordnen. Ich halte es hier wie Osunlade selbst, der da meint:
"Passage is an exploration of the current transition of deep house". Nuff said. CD kaufen und glücklich sein.