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Wien | 16.7.2008 | 12:27 
Über Facetten elektronischer Musik von Marseille bis Paris und New York bis Tokyo.

Burstup, Enes

 
 
Ein Mann, der weiß was er tut
  Er war zu Zeiten, als Bossa Nova tatsächlich die neue Welle in Brasilien war derjenige, der genau wusste, was er tat. Fast so etwas wie einen Business-Plan hatte der Meister der Arrangements in den frühen 60ern. Mit Sergio Mendes & Brasil66 führte er Bossa Nova um die Welt. Während sich andere, die Begründer dieses Genres, eher in feuchtfröhlichen Strandpartien wohlfühlten und ihre eigenen Leistungen nach literweise Whiskey nur mehr erzählt bekamen, wollte Mendes mehr als das. Und er bekam es. Er ist der erfolgreichste Musiker der Bossa Nova Generation. Und ist es mit 67 Jahren nach wie vor.

Mit seinem Album "Timeless" aus dem Jahr 2006 und dem aktuellen Werk "Encanto" öffnete er den Bossa Nova für eine neue Generation. Mit Gästen wie John Legend, Jovanotti, Ledisi, Juanes oder auch dem Co-Producer Will I Am von den Black Eyed Peas verhilft er einmal mehr dem Genre zu Glanz. Dienstag Abend gastierte der Großmeister im Wiener Konzerthaus und glänzte vor allem durch Perfektion.
 
 
 
 
 
  Mit den Fingern zählt er sogar den Schlussakkord ein. Sergio Mendes weiß, was er tut - mehr als andere. Beim Konzert hört man keinen Fehler und auch die Tatsache, dass die Tontechnikerin vor mir so hochkonzentriert bei jeder Veränderung auf der Bühne die Regler bedienen musste, machte bewusst: Hier ist ein Perfektionist am Werk. Jeder weiss was er tut, wenn nicht, gibt es vermutlich keine Nachspeise. Am Tag zuvor traf ich Sergio Mendes in seinem Hotel und lernte einen entspannten, gut gelaunten und äußerst professionellen Mann kennen, der mit Sympathie punktete. Nachdem ich ihm von meiner ganz persönlichen Geschichte mit seiner Version der Nummer "Fool on the hill" aus dem Jahre 1967 erzählte und er meinte, diese Nummer könnte er eigentlich beim Konzert einplanen, empfand ich das als äußerst nett. Ob er jetzt tatsächlich gestern wegen mir diese Nummer spielte, bezweifle ich. Für die Nachwelt werde ich natürlich die erste Geschichte in Erinnerung behalten.
 
 
 
 
 
 
 
  Das Konzert wurde in drei Parts eingeteilt. "A musical journey through different parts of Brazil" meinte er. Zu Beginn die alten Stücke aus Brasil 66-Tagen. Klassischer Bossa Nova, der auch gestern von einem Mann am Buffet als Fahrstuhlmusik bezeichnet wurde. Durch die Antwort seines Bekannten der meinte "er fahre gerne Aufzug" wurde diese Aussage zunichte gemacht. (So wie der weiße Spritzer durch absolut keine Kohlensäure im Soda). Egal, die Klassiker, so eben auch "Fool on the hill" bekamen nicht die nötige Ovation, die sie eigentlich verdient hätten. Erst, als beim Block der brasilianischen Rhythmen wie Choro, Samba oder Forró die wirklich sensationellen Percussionisten das Ruder auf der Bühne übernahmen und mit Capoeira-Tanzeinlagen glänzten, punkteten sie auch beim Publikum.

Auch beim Auftritt des Rappers, vor dem ich musikalisch eigentlich Angst hatte, wurde beim Publikum gepunktet. Er war reduziert genug und platzierte sich gar nicht mürrisch hinter den grandiosen Damen am Mikrophon, um die neuen Tracks mitzuinterpretieren. Ein paar gut gekleidete Damen und Herren auf den Rängen erfreuten sich an diesen Klängen und konnten sich nicht davon abbringen, alle Klischees des Hip Hop mit Gesten und Tanzschritten zu feiern. Yo, man fuck that shit! Lustig so etwas.
 
 
 
 
 
 
 
Fotos DHM
 
 
  Die Zugaben waren wieder die ganz großen Hits. "Agua de Beber", "Mas que nada", "Batucada" etc. Die Leute waren froh und tanzten sich schließlich in die vorderen Reihen, um gemeinsam zu singen zu tanzen und zu glauben, vor der Türe ist das Meer und alles wird gut. Sergio Mendes ist ein Mann, vor dem ich großen Respekt habe, weil er mit einer unglaublichen Routine und Professionalität sowie seiner fast absurden Perfektion, doch nie so starr rüberkommt. Er ist ehrlich, er ist Musiker mit Leib und Seele. und er ist herzlich. Das spürt man. Die Ausschnitte von Studioarbeiten, die man auf Youtube von ihm sieht, sind dennoch mitreißender als Auftritte an Orten wie dem Konzerthaus. So schön dieses auch ist.
 
 
 
Sergio Mendes - Encanto
  Bossa-Klassiker aus den Federn von Burt Bacharach, Antonio Carlos Jobim João Donato und anderen in neue, frische, funkige Arrangements gepackt. Mit Fergie von den Black Eyed Peas, Soul-Queen Ledisi, Jazzsängerin Natalie Cole, Jovanotti, Latino-Star Juanes, Lani Hall und Herb Alpert, das brasilianische Allroundtalent Carlinhos Brown und die afrikanische Sängerin Zap Mama.

Das äußerst empfehlenswerte neue Album ist bei Universal erschienen.
 
 
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