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Wien | 9.10.2008 | 16:01 
Über Facetten elektronischer Musik von Marseille bis Paris und New York bis Tokyo.

Burstup, Enes

 
 
Goodbye Dancing Hello God
  Was habe ich es geliebt, das letzte Album von
Lars Bartkuhn. 'Dreamland' hatte mich verzaubert. Lars meinte damals in meinem Interview "Ich sehe mich als jemanden, der sich kompositorisch sehr motiviert und ambitioniert sieht, um immer mein Bestes zu geben, wenn es darum geht, den tiefsten Aspekten der Musik zu dienen. Für mich sind Geschlossenheit, Ästhetik (diese aber nicht unbedingt harmonisch), Inspiration, Flüssigkeit und das Erzählerische wichtige Bestandteile. Musik kann prosaisch und auch sehr metaphysisch wirken. Solche Sachen sind es eben, die mich faszinieren."

Ursprünglich aus der Housemusic-Ecke kommend, hat er mit seinem aktuellen Album tatsächlich einen neuen Kontinent erreicht. Doch anders als Kolumbus hat er sich nicht verfahren.
 
 
The new continent
  Es ist verdammt viel Zeit vergangen, seitdem die Frankfurter Needs-Truppe aus Deutschland heraus die internationale Clubwelt eroberte. DJ Yannick, Lars und sein Bruder Marek Bartkuhn eröffneten mit ihrer Soundästhetik für viele eine völlig neue Seite von Housemusic. Eine Revolution, die wirklich eine war. Keine immer wieder gleich arrangierten Sounds, Beats und Effekte, wie sie einem die letzten Jahre als DAS Ding verkauft werden, sondern brillante Musik, die voller Leidenschaft war und ist. Noch immer spiele ich 'Walkin Through Circles', noch immer kommen die Unwissenden, aber Begeisterungsfähigen zu mir und fragen nach dem Titel. Aber Lars Bartkuhn hatte immer gewusst, dass diese Szene seine Leidenschaft für die Komposition nicht auf Dauer mitmachen kann. Er begab sich mit 'Dreamland' schon auf neue Wege, um jetzt mit 'The New Continent' sein Raumschiff sicher zu landen.

 
 
  Es wird langsam langweilig, wenn ich jetzt wieder sagen muss, dass Sonarkollektiv eines der wenigen Labels im Moment ist, das so ein Album auf den Markt bringt, ohne auch nur eine Millisekunde über die Soundkategorie nachzudenken. Dennoch ist es so. Jazz meets Folk, meets Bossa, meets House, meets sonstwas. Hier geht es nicht darum, bloß in einer Kategorie im Plattenladen sein tristes Dasein zu fristen. 'Goodbye Dancing Hello God', die Eröffnungsnummer, macht Laune, die erst nach der letzten Nummer 'Marianne' aufhört. Immer wieder Ansätze von Folk - die Gitarre ist bei Bartkuhn sowieso eines der tragendsten Instrumente. Klavier, das wie eines klingt, und Streicher, die Atmosphären zaubern, wie sie 4Hero nicht besser machen. Jazzige E-Piano Licks da, sanfte Percussions dort. Stücke, die sich vom sanften Aufbau in packende Jazzfunk-Hymnen verwandeln.

 
 
  Es ist fantastisch, mitanzusehen, dass in diesen Tagen ein Umdenken stattfindet. Ich persönlich finde es fantastisch, in einem Club auch eine ganze Strecke lang auf die Zwölf dahinzubrettern. Das ist mitreißend und erklärt die Macht der Bassdrum. Treibend und energetisch den Dancefloor explodieren lassen. Es gibt nichts Besseres. Und am Höhepunkt des Abends, wenn alles kocht und alle schreien, wird mit dem Hit noch eins draufgesetzt. Aber wenn ich anfange, in der elektronischen Musikszene von Musik zu sprechen, genügen mir Aneinanderreihungen von Beats und Effekten und rauf und runter gefilterte Synthies einfach nicht. Jazzanova sind mit ihrem aktuellen Album komplett aus dem Club verschwunden, Lars Bartkuhn ebenfalls. Das ist traurig für die Vielfalt auf der Tanzfläche, doch notwendig, um sich abzuheben. The new continent, eine bessere Welt?

'The New Continent' von Lars Bartkuhn erscheint Ende Oktober auf Sonarkollektiv.

 
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