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Wien | 14.10.2008 | 21:00 
Über Facetten elektronischer Musik von Marseille bis Paris und New York bis Tokyo.

Burstup, Enes

 
 
Of all the things
  Lange wurde in einschlägigen Kreisen vom Werk des Jahres gesprochen. Von einer Bombe, die einschlagen wird. Nun, den Jungs von Jazzanova war das zuzutrauen. Wem wenn nicht ihnen? Vor einiger Zeit kam dann die Single "Let me show ya" und mir wurde klar, hier wird in der "elektronischen" Musikszene ein ganz neues Zeitalter eingeläutet. "Let me show ya" ist eine ganz und gar perfekte Soulnummer nämlich. Und dabei sticht neben dem Arrangement vor allem eines heraus: Die Qualität des Sounds: Eine Weite und Dichte, wie ich sie bei Aufnahmen von Curtis Mayfield oder Stevie Wonder kenne. Die Sounds kommen organisch und klar. Einzelne Instrumente fliegen einem links und rechts um die Ohren. Begeisterung macht sich breit. Musik, die mehr ist, als das Komprimieren von Drums und Bässen. "Of all the things" muss als Album des Jahres vermutet werden.
 
 
 
 
  Ich hörte von dicken Büchern über die richtigen Positionierung von Mikrophonen. Monatelang probierte man verschiedenste Möglichkeiten aus. Und die Streicher, zwölf Stück an der Zahl, deren Sound wie von ganz weit rechts kommen soll. Und die Bläser von links. Das genaue Gegenteil von Monotonie, aber auch das genaue Gegenteil vom Bedroom-Producing. Dass hier das eigene Label Sonarkollektiv kaum finanzielle Möglichkeiten hat, um dieses Werk mit all seiner Perfektion umzusetzen, war klar. Man fand mit Verve einen nicht nur ideologisch ganz und gar perfekten Partner. Auf dem Label auf dem zuvor Leute wie Herbie Hancock, Dizzy Gillespie, Billy Holiday, Ella Fitzgerald oder Stan Getz veröffentlichten. Und das sind nur ganz wenige der klingenden Namen. Ich kann mir vorstellen, dass selbst den Jungs von Jazzanova hier zunächst einmal die Luft zum Atmen knapp wurde.
 
 
 
  "Of all the things" reiht sich hier musikalisch nämlich ohne Abstriche ein. Ein an Aufwand kaum zu überbietendes Werk. Aufwand, der sich hoffentlich auch lohnen wird. In künstlerischer Hinsicht. Nun steht eine ganz andere Hörerschaft ins Haus. Darunter auch zahlreiche alte Verve Fans, die auf ihren 10.000 Euro Plattenspielern mit einem ganz anderen Zugang als ich oder mein Nachbar an diese Musik herangehen werden. Hier sind die Möglichkeiten gegeben, Jazzanova in die oberste Liga zu katapultieren. Obwohl sie dann der Clubkultur vermutlich verlorengehen werden. Aber im Sinne der Musik würde ich mir wünschen, Jazzanova noch mehr auf dem einen oder anderen Jazzfestival zu sehen. Das tun sie bereits, jetzt wird es aber erst richtig los gehen. Und eine Verjüngung der Festivals sollte nicht bloß in der Optik sondern vor allem im Inhalt stattfinden.
 
 
 
 
 
  "Unsere Herangehensweise ist heute anders", sagt Axel Reinemer. "Früher haben wir viele Samples genutzt, um unsere eigenen Soundwelten zu kreieren. Dieselbe Richtung verfolgen wir noch immer. Das hatte auch mit Samples schon viel Soul. Aber heute schaffen wir uns unsere Soundwelten durch eigene, neue Aufnahmen mit Instrumentalisten. Wir können mit diesen Live-Aufnahmen unsere Songs besser und flexibler umsetzen. Wir haben mehr Spielräume, weil Samples eine festgelegte harmonische Umgebung haben".
 
 
 
  "Aber natürlich haben Samples auch viele tolle Eigenschaften", sagt Claas Brieler. "Zum Beispiel etwa den speziellen Klang aus einer anderen Zeit und mit anderem Equipment. Aber die Live-Aufnahme ermöglicht es uns, viel bessere Arrangements für uns und unsere Songs zu machen. Das heißt trotzdem, dass es immer wieder interessant sein kann, mit Samples zu arbeiten. Und deshalb haben wir das auch auf diesem Album gemacht."
"Wir gehen eigentlich dahin, unsere eigenen Samples zu produzieren", sagt Jürgen von Knoblauch. "Von 'Let Me Show Ya' haben wir die Soundwelt zerpflückt (und uns selbst gesampled) um dann "So Far From Home" mit Phonte daraus zu machen.
 
 
 
  "Berechnung spielt in diesem Prozess keine Rolle", betont Stefan Leisering. "Es interessiert nicht, in welchem aktuellen Genre-Zusammenhang die Musik steht, mit der man sich gerade beschäftigt, was das gerade für einen Hipness-Faktor hat. Der Weg, die Entwicklung seien das Ziel. Es mache Spaß, auf der Suche nach dem perfekten Sound an ganz vielen verschiedenen Stationen vorbeizukommen und die Leute daran teilhaben zu lassen".. So soll es sein.
 
 
 
  Gäste wie Soul-Legende Leon Ware, der auf diesem Album seinen Klassiker "Rockin you eternally" covern durfte, Dwele, Phonte of Little Brother, Ben Westbeech, Paul Randolph, um nur einige zu nennen, gingen mit auf die Reise durch die Welten von Soul, Bossa Nova, Jazz, Hip Hop und Folk. Einziger Wehrmutstropfen fürs nächste Album, eine Steigerung wird kaum möglich sein!

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Of all things erscheint am 24. Oktober auf VERVE.
 
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